Wirksamkeit von Stottertherapien

Referent: Prof. Harald Euler, Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, HNO-Universitätsklinik, Ruhr-Universität Bochum sowie Universität Wien, Abt. Entwicklungspsychologie.

Stotterende Menschen sollten die wirksamsten Behandlungen erhalten, die lokal oder regional verfügbar sind. Da eine vorausblickende vergleichende Behandlungsstudie für Deutschland nicht exisitiert, wurde eine rückblickende Befragung von behandelten Stotterern vorgenommen. Methode: Die 5 häufigsten Stottertherapien im deutschsprachigen Raum (231 einzelne Therapiefälle) wurden nach ihrer Wirksamkeit anhand eines strukturierten Fragebogens rückschauend bewertet. Die Teilnehmer hatten zwischen 1 und 7 Stotterbehandlungen erhalten. Ergebnisse: Zwei Behandlungsarten (Stottermodifikation, Fluency Shaping) zeigten positive Wirkung, 3 Behandlungsarten (Atemtherapie, Hypnose, unspezifizierte logopädische Therapie) unzureichende Wirkung. Die beiden wirksamen Stottertherapien waren nicht signifikant unterschiedlich in ihrer Wirksamkeit, die drei wenig wirksamen Therapien untereinander ebenfalls nicht unterschiedlich. Die Wirksamkeitslücke zwischen den besseren und den weniger guten Therapien war groß. Die typische Therapiekarriere eines Stotterers beginnt in der Kindheit mit einer unspezifischen logopädischen Behandlung, die extensiv (z. B. ein Mal wöchentlich) in Einzelsitzungen verabreicht wird. Im Vergleich waren intensive Verfahren besser als extensive Verfahren und Behandlung in Gruppen besser als Einzelbehandlung. Schlussfolgerung: Die am häufigsten verschriebene Stotterbehandlung, nämlich 1 wöchtliche Behandlungssitzung in logopädischer Einzeltherapie, ist von begrenzter Wirksamkeit. Mehr Erfolg versprechen Verfahren des Fluency Shaping oder der Stottermodifikation, die in einem intensiven Zeitplan (mindestens mehrere Tage hintereinander) und mit Anteilen von Gruppensitzungen verabreicht werden.